1. Kapitel - Von den Anfängen

 

Ein Zürcher Standesbote überbringt dem
Bürgermeister seiner Stadt die Nachricht
vom Sieg der Eidgenossen bei Dornach
im Schwabenkrieg, 1499.

Holzschnitt aus der Chronik über den
Schwabenkrieg von Niklaus Schradin, 1500.

 

1. Bevor es eine Feldpost gab

Das Lexikon definiert kurz und prägnant:
"Feldpost ist ein Zweig des Postwesens, der die Postverbindungen  zwischen den Streitkräften und der Heimat sowie innerhalb der Streitkräfte sicherstellt."

Sie ist also gleichsam der Nachrichtenkanal zwischen Armee und Volk sowie zwischen den einzelnen Truppenteilen. Die militärische Befehls- und Meldungsübermittlung an der Front mit berittenen Kurieren, mit Brieftauben sowie mit optischen und akustischen Signalen - heute weitgehend durch Funk - gehört nicht in diesen Bereich und bleibt hier ausgeklammert.

 

Urformen einer Militärpost gab es schon in der Antike, im Mittelalter und in neuerer Zeit. 1425 unterhielt Bern während eines kriegerischen Vorstoßes ins Eschental für kurze Zeit eine Botenlinie nach Domodossola mit Stationen in Meiringen und Münster (Goms).

1499 blieben Bern und Zürich im Schwabenkrieg über eine Läuferstafettenkette bis zur Schlacht bei Dornach mit ihren Truppen in Verbindung.

Während der Mailänderkriege organisierte der Befehlshaber des Berner Kontingents, Barthlome May, eine Botenkette über Grimsel- und Griespass bis nach Novara (1513). Die Truppenkommandanten ihrerseits sandten Standesboten in die eidgenössischen Hauptorte, wo sie als persönliche Augenzeugen über das Kampfgeschehen berichten mussten.

In allen diesen Fällen stand eindeutig der sichere Informationsverkehr zwischen den Befehlshabern an der Front und ihren Regierungen in der Heimat, allenfalls auch der Briefaustausch mit der gerade tagenden Tagsatzung im Vordergrund. Der einzelne Soldat konnte seine Privatbriefe von Fall zu Fall einem Standesboten oder einem heimkehrenden Kameraden anvertrauen.

Seit dem 16. Jahrhundert lassen sich bescheidene Anfänge einer Militärpost in England, in verschiedenen Staaten Deutschlands und in Frankreich nachweisen. In der Regel jedoch waren auch hier Offiziere und Mannschaften - auch solche der Schweizer Regimenter in fremden Diensten - auf die bereits vorhandenen zivilen Postunternehmen angewiesen, um ihren spärlichen Briefverkehr mit ihren Angehörigen und Freunden zu  tätigen.

 

Standesläufer von Schwyz, 15 Jahrhundert.
Er trägt den Brief auf einem Stock und zeigt damit an, dass er einen Absagebrief überbringt, was in der Regel einer Kriegserklärung gleichkam.

Nachempfundenes Aquarell nach alten
Bildvorlagen, von Fritz Boscovits junior, um 1910.

 

 

Zur Zeit der Helvetischen Republik (1798-1803) unterhielt die französische Besatzungs-Armee eine eigene Militärpost mit Sitz in Solothurn, die neben den gut ausgebauten zivilen Postdiensten ein unbekümmertes Eigenleben führte. Ende Mai 1798 befand sich in Olten das grosse Feldpostbüro der französischen Rhein- und Moselarmee, welches über 12 Beamten, 12 Kuriere, 25 Postillione und 56 Pferde verfügte.

Die enormen Kosten dieser Militärpost wurden kurzerhand dem mausarmen helvetischen Staat aufgebürdet; hinzu kam, dass sie von ihrem durch das französische Armeekommando verliehenen Recht, nach Belieben die Landbevölkerung zur kostenlosen Abgabe von Wechselpferden zu zwingen, reichlich Gebrauch machte. Beides trug wesentlich zum wachsenden Widerstand im Volk und schliesslich zum Scheitern des helvetischen Einheits-
Staates bei.

Die eidgenössische Militärordnung von 1817, welche am Prinzip der kantonalen Truppen-Kontingente festhielt,  jedoch die Befehlsgewalt des Oberkommandos stärkte, hätte durchaus eine gute Basis zur Schaffung einer Feldpost bieten können. Einer solchen Idee, hätte man sie je erwogen, wäre zweifellos die desolate Zersplitterung im schweizerischen Postwesen als unüberwindliches Hindernis entgegengestanden.

Die Kantone, seit 1803 wieder im Vollbesitz ihrer Postregalgewalt, waren unaufhörlich bestrebt, sich vom lukrativen Postkuchen ein möglichst grosses Stück abzuschneiden.

Die Kantonalposten - noch 1847, im Jahr des Sonderbundskrieges, gab es deren 18! - standen sich selten genug als Partner und meist als missgünstige Konkurrenten gegenüber. Eine gesamteidgenössische Feldpost - ganz zu schweigen von einer militärischen Porto-Freiheit - lag deshalb ausserhalb des politisch Machbaren und gehörte von vornherein ins Reich der Utopie. Immerhin gibt es Anzeichen dafür, dass in einigen Kantonen, z.B. in Solothurn und Luzern, schon vor 1848 rudimentäre Einrichtungen für eine Militärpost bestanden haben.

Nach der Schaffung der einheitlichen Eidgenössischen Post (1849) war an sich die Bahn frei für eine Feldpost. In einigen kantonalen Kontingenten gab es offenbar schon so etwas wie Postordonnanzen bei der Truppe, z.B. in St. Gallen. Ferner hat man sich bereits Gedanken gemacht über die Portofreiheit, wie verschiedene Schreiben des Eidgenössischen Kriegskommissariates von 1849, 1851 und 1867 belegen. Weitere Dokumente von 1849 und 1860 befassen sich mit der Umleitung von Militärpostsendungen.

 

Schreiben von Oberst Friedrich Frey-Hérosé (Bundesrat ab 1848), Generalstabschef der Eidgenössichen Armee während des Sonderbundkrieges vom November 1847, an die Direktion der Berner Kantonalpost, mit der Vollmacht für seinen Sekretär Hirschgartner, seine Briefe und Eilsendungen in Empfang zu nehmen und nötigenfalls mit interkantonalen Extrapostkurieren an seinen jeweiligen Standort weiterzuleiten; 11. November 1847.

Dieses umständliche und zeitraubende Nachsendungs-
Verfahren war ein schlechter Ersatz für die noch fehlende Feldpost !

 

Der armeeinterne Austausch von Meldungen zwischen den einzelnen Truppenteilen lag in den Händen von Meldereitern, den sogenannten Guiden. Von einer einheitlichen Feldpost im heutigen Sinn konnte jedoch noch keine Rede sein. Dem Postverkehr der Wehrmänner und der Kommandostellen schenkte man offensichtlich noch viel zu wenig Beachtung.

Nach mehrjährigen Versuchen schuf der Bundesrat 1856 - im Jahr des Neuenburger Handels und der Kriegsbedrohung durch Preussen - den Armeetelegrafendienst, welcher in enger Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Obertelegrafendirektion seine Funktion ausübte. Damit stand nun der Armee ein sehr schnelles und leistungsfähiges Instrument für die Meldungs- und Befehlsübermittlung zur Verfügung.

Zweifellos wurde damit die Idee einer durchorganisierten Feldpost zumindest vorübergehend in den Hintergrund gedrängt.

 

Quellenangabe:
Festschrift: "100 Jahre Feldpost in der Schweiz 1889 - 1989" von Arthur Wyss , herausgegeben im Jahre 1989 im Auftrage der Generaldirektion PTT, Bern. Wir danken herzlich dem Autor und der Herausgeberin für die freundliche Zustimmung um Verwendung
von Bild- und Textmaterial. Sämtliche Urheberrechte verbleiben bei Die Schweizerische Post, Bern.